Taxilenker:innenprüfung abschaffen?
Kann Deregulierung Verbesserungen für Taxilenker:innen bringen?
Taxilenker:innen
Kann Deregulierung Verbesserungen für Taxilenker:innen bringen?
In einem Interview mit der Tageszeitung „Der Standard“ hat NEOS-Politiker Sepp Schellhorn, Staatssekretär im Außenministerium, als Maßnahme zur Entbürokratisierung vorgeschlagen, die verpflichtenden Prüfungen für Taxilenker:innen abzuschaffen. Angesicht von Apps am Handy, die die Navigation für die Lenker:innen übernehmen, sei das nicht mehr zeitgemäß, so Schellhorn.
Taxilenkerprüfung: gute Regeln schützen alle
Schellhorns Idee, Taxifahren als Beruf für „alle“ öffnen zu wollen, klingt auf den ersten Blick logisch. Jedoch blendet sie aus, wie komplex und verantwortungsvoll der Beruf tatsächlich ist. Genau darauf soll die Taxilenkerprüfung aber vorbereiten und deshalb umfasst diese neben der Ortskunde noch viele weitere Inhalte. Angehende Taxilenker:innen müssen sich für die Prüfung u.a. mit der Betriebsordnung, dem Tarifwesen, der Straßenverkehrsordnung, dem Kraftfahrgesetz sowie arbeits- und sozialrechtlichen Grundlagen auseinandersetzen. Auch praxisnahe Themen wie Fahrgastverhalten, Pflichten beim Gepäcktransport, Umgang mit dem Taxameter oder rechtliche Rahmenbedingungen für die Beförderungspflicht werden abgeprüft. Damit geht die Ausbildung weit über das bloße Kennen von Adressen und Routen hinaus und verlangt ein fundiertes Gesamtverständnis für die Verantwortung und Anforderungen, welche das Arbeiten im Taxigewerbe mit sich bringt. Aber wie würde sich eine von Schellhorn vorgeschlagenen Deregulierungsmaßnahme auf die Branche in Österreich auswirken? Dazu ist ein Vergleich von Erfahrungen aus anderen Ländern sinnvoll.
Uber & Co: neue Player, alte Probleme
Durch die Verbreitung von Uber, Bolt und ähnlichen Plattformen wurde kam es in der Taxibranche weltweit zu einem großen Umbruch. In Paris sorgte bereits der Markteintritt von Uber für massive Spannungen innerhalb der Branche, da die Plattform die bestehenden Regulierungen des Taximarktes unterlief – zum Beispiel durch das Angebot von Fahrdiensten ohne klassische Taxilizenzen. Eine Studie dazu ergab, dass dadurch viele Fahrer:innen ihre wirtschaftliche Existenz bedroht sahen und ambivalente Einstellungen entwickelten: einerseits mit Sympathien für marktwirtschaftliche Freiheit, andererseits mit starker Kritik an der faktischen Auflösung von Schutzmechanismen im Arbeitsalltag. Die Studie zeigt auch, dass die Deregulierung keineswegs zu mehr Autonomie der Lenker:innen führte, sondern vor allem Unsicherheit und soziale Spaltung innerhalb der Berufsgruppe verschärfte.
Bedeutet weniger Regulierung weniger Schutz?
Eine Lockerung von Zulassungsregeln führt oft nicht zu einem „freieren“ Markt, sondern zu weniger Transparenz und Sicherheit. Eine weitere Studie aus Nordamerika zeigt, dass der Rückzug der Aufsichtsbehörden bei der Ausbildung von Fahrer:innen zu einer Zunahme prekärer Arbeitsverhältnisse und unsichereren Arbeitsbedingungen führte, mit Folgen für Fahrer:innen und Fahrgäste. Das fehlende Wissen im Umgang mit Gewalt am Arbeitsplatz schränkt die Sicherheit der Taxifahrer:innen ein. Auch mangelnde Kenntnisse zur Unfallvermeidung und zum richtigen Verhalten in Notfällen betreffen nicht nur die Fahrenden selbst, sondern auch die Sicherheit der Fahrgäste. Gleichzeitig dokumentierten Medienberichte weltweit Fälle, in denen über Plattformen wie Uber auch Fahrer:innen mit entzogenen Lizenzen weiter unterwegs waren – mit potenziell fatalen Folgen sowohl für Fahrer:innen als auch für deren Fahrgäste.
Moderne Regulierung geht auch anders
Dass Innovation und Sicherheit kein Widerspruch sein müssen, zeigt das Beispiel Taiwan. Dort wurde ein hybrides System etabliert, das Ride-Hailing-Service, also einen Fahrdienst per App bestellen, mit staatlicher Regulierung verbindet. Das positive Ergebnis daraus sind höhere Einnahmen für Taxilenker:innen und besserer Versicherungsschutz für Fahrgäste. In Madrid wiederum konnte der Einstieg von Uber und Cabify unter strengen Auflagen sogar zu einem Rückgang schwerer Unfälle beitragen.
Weniger drüber, sondern mehr miteinander reden!
Am besten einschätzen kann eine solche mögliche Deregulierung aber die Branche, die davon betroffen wäre, also die Taxiunternehmer:innen und Taxilenker:innen selbst.
Eure Meinung ist gefragt!
Wie steht ihr zum Vorschlag von Staatssekretär Schellhorn, die Taxilenker:innenprüfung abzuschaffen?