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Im guten Rausch durchs Leben

Betriebsrat Harald Steer vom Anton Proksch Institut zu Gast bei unserem „vidaHören“ Podcast

vida Hören | Podcast

Markus Zahradnik

Am Rand von Wien befindet sich Europas größte Suchtklinik. Im Anton Proksch Institut treffen wir Harald Steer. Bleiben wollte er nur vier Monate, geworden sind es über 24 Jahre. Nach dem Motto „Raus aus dem Rausch. Hinein ins Leben“ betreut er Menschen, die an Drogensucht erkrankt sind. Beziehungsarbeit steht bei Harald Steer im Mittelpunkt. Krisen im Gehen und im Reden bewältigen, lautet das Erfolgsrezept des diplomierten psychiatrischen Gesundheits- und Krankenpflegers. Positive Veränderungen im Leben anregen, der Sucht nicht mit Verzicht begegnen, sondern mit einer aktiven und freudvollen Teilnahme am Leben – also ein „guter Rausch“, wie es Harald Steer nennt, das ist das Ziel.

Stabilisator

Sucht ist eine chronische Erkrankung. Sehr viele Patient:innen begleiten Harald Steer ein Leben lang. Erfolgserlebnisse – gibt es die überhaupt? „Wenn ich einen ehemaligen Patienten hier wieder treffe, wie gerade heute – einen Mann, den ich seit 25 Jahren kenne –, und er sagt: ‚Es ist schön, dass es euch gibt. Hier bei euch kann ich mich wieder stabilisieren.‘ Dann ist das für mich ein Erfolgserlebnis.“

Antrieb für viele(s)

Vertrauen und Stabilität spielen bei Harald Steer auch als Betriebsrat eine große Rolle. In einer Zeit, „als Feuer am Dach war“, hat der heute 51-Jährige den Betriebsratsvorsitz im Anton Proksch Institut übernommen. „Aufgrund wirtschaftlicher Probleme waren Einsparungen im großen Maß geplant, auch Änderungen im Dienstrecht und in unseren Kollektivverträgen“, blickt Harald Steer zurück. „Ich habe mir damals gedacht, ich schaue, ob ich es besser machen kann. Das ist mein Antrieb für vieles, was ich bisher in meinem Leben getan habe“, erzählt der Betriebsrat mit einem Lächeln. Dabei gab es in der Vergangenheit nicht viel zu lachen.

Harte Zeiten

2013 wurde das Anton Proksch Institut teilprivatisiert. 60 Prozent gingen an die VAMED AG, Österreichs größten Gesundheitskonzern. Und seitdem versuchen Harald Steer und sein BR-Team, „das Schlimmste zu verhindern“. Denn der börsennotierte Konzern kam ins „wirtschaftliche Schlingern“ und hat für seine Krankenhaus- und Reha-Sparte einen Käufer gesucht, berichtet Harald Steer. Der Anteil am Anton Proksch Institut soll mehrheitlich an einen französischen Private-Equity-Fonds namens PAI Partners verkauft werden. Der Deal ist umstritten, gilt PAI als ein Akteur, der auf schnelle, lukrative Geschäfte aus ist, Gewinne über Kauf und Verkauf macht. Deshalb machen Betriebsrat und Gewerkschaft gemeinsam mobil. Über viele Wochen läuft die Suche nach einem alternativen privaten Partner, gefolgt von zahlreichen Gesprächen. Für Harald Steer ist dabei eines klar: „Egal, wie es ausgeht, die Arbeit geht weiter. Unser Ansporn ist und bleibt, das Beste für Arbeitnehmer:innen und Patient:innen herauszuholen.“

Harald Steer am Rednerpult

Das Beste herausholen für Arbeitnehmer:innen und Patient:innen ist und bleibt unser Ansporn.

Harald Steer, BR-Vorsitzender Anton Proksch Institut

Starker Zusammenhalt

Das Beste herausholen, das versucht Harald Steer auch als Chefverhandler der vida für den Kollektivvertrag Privatkrankenanstalten. Am Valentinstag vor zwei Jahren stand er mit seinen Kolleginnen und Kollegen geschlossen zusammen. Nach sechs ergebnislosen Verhandlungsrunden kam es am 14. Februar 2023 zu einem österreichweiten Warnstreik. Harald Steer lief schon davor auf „Hochtouren“. Denn zahlreiche Betriebsversammlungen waren abzuhalten. Und so tingelte er mit „seiner“ vida von Einrichtung zu Einrichtung, um die Kolleginnen und Kollegen über den Stand der KV-Verhandlungen zu informieren. „Das Angebot annehmen, oder streiken und damit möglicherweise zurück zum Start?“, war die Frage. Der Warnstreik führte schließlich zurück zum Verhandlungstisch und kurze Zeit später gab es einen Abschluss, der sich sehen lassen konnte.

Sehen lassen kann sich auch der starke Zusammenhalt. „Viele Kolleginnen und Kollegen waren beim Warnstreik mit dabei und haben mit uns gemeinsam ein starkes Zeichen gesetzt. Das zeigt einmal mehr, was Zusammenhalt alles bewegen kann!“, ist Betriebsrat Harald Steer überzeugt.