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Erfolgreiche Landung

vida-Vorsitzender Roman Hebenstreit über die KV-Verhandlungen bei der AUA und im Tourismus.

vida-Magazin: Der AUA-Streik hat polarisiert. Wäre er vermeidbar gewesen?

Roman Hebenstreit: Zum Streiten gehören bekanntlich immer zwei. Das Management hat uns mit dem Erstangebot, lediglich die europäische Durchschnittsinflation von 4,5 Prozent zahlen zu wollen, faktisch dazu gezwungen. Erst nach dem Streik und der darauf folgenden Mitgliederbefragung kam Bewegung in die Arbeitgeberseite. Es scheint tatsächlich, als würde die deutsche Streikkultur nicht nur in der Luftfahrtbranche Einzug in Österreich halten. Wir  haben uns als Gewerkschaft auf diese neue Konfliktkultur eingestellt.

vida-Magazin: Wie ist das zu verstehen?

Roman Hebenstreit: Nach dem Streik haben wir ein Ergebnis, mit dem die Gehälter aller Flugbegleiter:innen und Pilot:innen in drei Schritten bis 2026 um insgesamt gut 20 Prozent erhöht werden. Zusätzlich gibt es 2 Prozent erfolgsabhängig und noch einmal plus 11 Prozent für die am Arbeitsmarkt besonders gefragten Kopilot:innen. Das Inflationsrisiko trägt das Unternehmen. Wir liegen damit auch im Lufthansa-Konzern sehr gut. Das ist bisher eines unserer besten Verhandlungsergebnisse. Gewerkschaftsmitgliedschaft, Solidarität und Zusammenhalt zahlen sich aus! Das Gehaltsabkommen ist zudem ein erster wichtiger Schritt, um den Einkommensunterschied der österreichischen Beschäftigten zum Rest des Konzerns zu reduzieren. Die Laufzeit über drei Jahre gewährleistet dem Unternehmen Planungssicherheit und damit einen zuverlässigen Flugbetrieb. Um das sicherzustellen, haben wir ein Stillhalteabkommen vereinbart.

vida-Magazin: Der Tourismus klagt über Arbeitskräftemangel. Wird das jemals aufhören?

Roman Hebenstreit: Jammern ist bekanntlich das Gebet des Kaufmanns. Im Tourismus braucht es einfach bessere Arbeitsbedingungen und bessere Bezahlung. Bei den diesjährigen KV-Verhandlungen waren wir mit den Arbeitgebervertreter:innen erstmals einer Meinung, genau in diesen Punkten einen ersten Schritt zu setzen. 2024 bekommen die Beschäftigten im Schnitt 8 Prozent mehr Lohn. Ab Mai 2025 gibt es noch die Jahresinflation von 2024 plus ein weiteres Prozent auf den Lohn drauf. Der Mindestlohn wird ab 1. Mai 2025 über 2.000 Euro brutto im Monat betragen. Neben Reallohnerhöhungen haben wir uns mit den Arbeitgeber:innen auch auf bessere Arbeitsbedingungen geeinigt. Fixiert wurde zum Beispiel, dass Beschäftigte zumindest 12 Sonntage pro Jahr frei haben. Außerdem gibt es den Nachtarbeitszuschlag künftig für alle Beschäftigten, die ab Mitternacht noch arbeiten, und nicht mehr wie bisher nur für Beschäftigte der Hotellerie und Nachtgastronomie. Auch die Lehrlingseinkommen wurden je nach Lehrjahr auf 1.000 Euro bis 1.420 Euro angehoben. Außerdem bekommen Lehrlinge die ersten acht Sonntage im Lehrverhältnis jetzt frei.

vida-Magazin: Am 9. Juni ist EU-Wahl, worauf kommt es dabei aus vida-Sicht besonders an?

Roman Hebenstreit: Zuerst möchte ich allen Arbeitnehmer:innen danken, die ihre Stimmen bei den AK-Wahlen abgegeben haben. Ihre Stimme trägt dazu bei, die Arbeitswelt ein Stück gerechter zu machen. Darum geht es auch bei der Wahl des Europäischen Parlaments. Es geht um die Frage, wer die Krisen bezahlen wird. Sind es die, die es sich leisten können, oder jene, die sich nicht wehren können. Die Zusammensetzung des EU-Parlaments wird darüber entscheiden, ob wir ein soziales Europa bauen oder eine Union des gnadenlosen Wettbewerbs. Die Wahl ist eine Richtungsentscheidung: zum Beispiel, ob es im Personenverkehr auf der Schiene durch die Möglichkeit der Direktvergabe weiterhin sichere Mobilität für alle in Österreich gibt. Ob wir weiterhin hochwertige Jobs und gerechte Löhne haben oder ob die Glaubenskrieger des Wettbewerbs eine Ausschreibungspflicht durchsetzen und die Beschäftigten ans Kreuz nageln. Ich kann nur sagen: Macht von eurem Wahlrecht Gebrauch. Wer nicht wählt, akzeptiert die Wahl der anderen!

Vielen Dank für das Gespräch.


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