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Gemeinsam kocht und isst man weniger allein

Willkommen im GastroZentrum Graz. Eine vida-Reportage – mit Video!

Wenn Bernadett das Tablett mit Getränken zum Tisch bringt, leuchten ihre Augen. Kein Wunder, denn sie hat allen Grund zur Freude. Zum einen, weil sie ihren Kurs im GastroZentrum Graz gerade  erfolgreich abgeschlossen hat, zum anderen, weil sie einen Job in der Gastronomie gefunden hat. „Ich bin wirklich überglücklich. Ich habe hier so viel gelernt und ohne die Ausbildung hätte ich es nicht geschafft“, grinst sie und wendet sich den Bestellungen der Gäste zu. Im GastroZentrum in der Grazer Reininghausstraße 60 bekommen Menschen die Möglichkeit, sich in fünf Wochen Theorie und Praxis Fähigkeiten anzueignen, um in einen Job in der Gastronomie einzusteigen oder wieder den Weg zurück in die Branche zu finden. „Vorkenntnisse sind nicht notwendig, schaden aber natürlich nicht“, so Heinz Hödl von der Qualifizierungsagentur, die für die Ausgestaltung der Kurse sowie die Kursbestätigungen zuständig ist.

Tipps & Tricks von Profis
„Unser oberstes Ziel ist es, dass wir die Kursteilnehmer:innen optimal auf eine Tätigkeit im  Gastgewerbe vorbereiten. Der Weg dahin ist aber oft steinig“, erklärt Hödl und verweist auf unterschiedlichen familiären Background und sprachliche Barrieren. „Unsere Trainer:innen gehen da aber mit sehr viel Einfühlvermögen  und Professionalität vor. Vieles wird spielerisch rübergebracht und gemeinsam kommt man dann immer ans Ziel“, so Hödl weiter. Das bestätigt auch Küchenchef Anthony Saxton, obwohl er betont, dass eine gewisse Strenge sowie Disziplin notwendig sind. „Wir bereiten die Kolleg:innen auf die Arbeitswelt vor. Und jede:r weiß, dass es im Service und in den Küchen nicht immer zimperlich zugeht“, so der Kochprofi, der den Kursteilnehmer:innen Tipps und Tricks der Küche weitergibt. Apropos Küche: Sechs Schüler:innen können gleichzeitig in der Küche  es GastroZentrums arbeiten – gleiches gilt für den Servicebereich. Die Kursmaßnahme erfolgt im Auftrag und mit finanzieller Unterstützung des AMS Steiermark.

Gut isst’s, wenn’s menschelt

Egal ob in der Küche oder im Service, es geht wortwörtlich heiß her und Stress sowie Druck dürfen keine Fremdwörter für die Kursteilnehmer:innen sein. Eine der angehenden Servicehilfskräfte schnauft durch: „Der Job im Service ist zwar sehr anstrengend, aber der Kontakt mit den Gästen macht mir großen Spaß“, so Joy. Ihr Name ist Programm – mit Leichtigkeit und Herzlichkeit begegnet  die gebürtige Nigerianerin den Gästen. „Die ideale Basis für eine Arbeit in der Tourismusbranche“,  so Hödl. „Wer im Service arbeiten will, braucht auch das Gefühl für die Menschen. Die Fähigkeiten kann man lernen, dafür sind die Trainer:innen da. Den Schmäh, richtig zu reagieren, Freundlichkeit, solche Dinge muss man aber mitbringen. Da verzeiht man dann sogar den einen oder anderen Fallfehler“, lacht er und kontrolliert die Tischgedecke. Ja, auch Tische werden im GastroZentrum Graz  fachmännisch gedeckt. „Unsere Kursteilnehmer:innen lernen alles – zwar alles im Schnelldurchlauf, aber wir lassen nichts aus“, erklärt Hödl.

Fit fürs Berufsleben

Zurück in der Küche, wo Maris gerade Kartoffeln schält. „Das gibt es heute zu essen“, deutet sie auf den Menüplan: Gegrilltes Huhn mit Ofenkartoffeln und Ratatouille. „Mmmmhhh, lecker! Ist das Essen schon fertig“, fragt ein hungriger Fotograf vom Speisesaal in die Küche. „Wir tun unser Bestes“, ruft Anthony Saxton zurück. Der langjährige Küchenchef erklärt den Damen in der Küche von der  Pike auf, was sie beim Kochen in einer Betriebsküche zu beachten haben. „Man muss hier dazusagen, dass man den Damen nicht erklären muss, wie man kocht. Viele von ihnen stehen mitten im Leben, haben Kinder, führen den Haushalt. Aber es gibt einen Riesenunterschied zwischen dem Kochen daheim und dem Kochen wie bei uns hier“, sagt er und zeigt auf die Kartoffeln. „Einen Kilogramm Kartoffeln zu schälen, ist das eine, aber 50 Kilogramm zu schälen, ohne dass die Küche unter Wasser steht, ist etwas ganz anderes. Bei uns lernen die Kolleg:innen, wie die Küche trocken bleibt“, lacht er. Kurz darauf wird es ernst – die Salatvorspeisen stehen schon auf dem Tisch. Was alle im GastroZentrum Graz schätzen? Das, was vorher gekocht wird, wird dann gemeinsam verspeist. Bevor aber gegessen wird, muss natürlich serviert werden, unter anderem von Bernadett, die heute aushilft – inklusive leuchtender Augen.

DREI FRAGEN AN HEINZ HÖDL

von der Qualifizierungsagentur, GastroZentrum Graz

Was ist das GastroZentrum Graz?

Als Teilbereich der Qualifizierungsagentur haben wir den Gastronomiebetrieb in der Reinigungsstraße 60 in Graz in Miete bzw. in Pacht. Dabei handelt es sich um ein ehemaliges Gasthaus, das den Vorteil hat, die Teilnehmer:innen sehr realistisch auf ihre Arbeit vorbereiten zu können. Wir haben die gleichen Umstände, die viele Gastrobetriebe auch haben und wie es sie am freien Arbeitsmarkt gibt. Wir können die Menschen also gezielt schulen.

Wie sieht die Ausbildung aus?

Die Ausbildung bei uns hat zwei Seiten. Wir haben einerseits den Servicebereich und den Küchenbereich. Hier lernen die Menschen das Fachliche. Das andere ist aber, dass wir auch auf die Sprache schauen müssen und auf die individuellen Umstände. Der Background der Teilnehmer:Innen  ist völlig unterschiedlich – teilweise mit, teilweise ohne Migrationshintergrund. Auch die Sprachkenntnisse sind unterschiedlich, genauso wie die Vorkenntnisse in Küche und Service. Hier versuchen wir einzuhaken – auch in vielen Gesprächen, damit wir wissen, welchen Ausbildungsstatus die Teilnehmenden haben und wie wir gezielt trainieren können. Nur die Zusammenarbeit zwischen den Trainer:innen und dem Backoffice-Team macht es möglich, das Beste für jede:n herauszuholen.   Das Ganze geschieht in Absprache mit Betrieben. Durch die enge Zusammenarbeit mit dem AMS können wir gezielt für jede:n einzelne:n Teilnehmende:n die Betriebe auswählen. Sie setzen sich mit uns in Kontakt. Dementsprechend schulen wir die Kursteilnehmer:innen. Das Ziel ist ein Job in der Gastronomie. Darauf arbeiten wir hin.

Was sind die größten Herausforderungen?

Die größte Herausforderung ist die Zeit. Manche brauchen möglicherweise noch mehr Zeit bei der Sprache als andere. Außerdem ist Verständigung eine Herausforderung. Das dritte große Thema sind familiäre Umstände. Das geht sehr stark in die Betreuungspflichten hinein. Viele Teilnehmer:innen fragen sich: Was erwartet mich, wenn ich nicht gut Deutsch spreche? Welche Anforderungen haben Arbeitgeber? Viele haben noch nie im Tourismus gearbeitet. Da geht es oft um Durchhaltevermögen, Disziplin oder Arbeitsaufwand. Das alles geben wir den Kursteilnehmer:innen in der Zeit bei uns mit. Damit sie gut vorbereitet sind, um in der Gastronomie Fuß fassen zu können.


Gemeinsam stark 

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Über uns

Der Fachbereich Tourismus in der Gewerkschaft vida vertritt die Interessen der 200.000 Beschäftigten im Hotel- und Gastgewerbe und in der Systemgastronomie. Der Tourismus ist eine junge Branche, 40 Prozent der Beschäftigten sind jünger als 30 Jahre, nur knapp 11 Prozent über 50. Über 60 Prozent der ArbeitnehmerInnen im Hotel- und Gastgewerbe sind Frauen. Die Branche ist von hoher Fluktuation und Abwanderung gezeichnet. Ohne Pensionierungen verlässt im Tourismus fast die Hälfte der Beschäftigten die Branche nach zehn Jahren. Die Gründe dafür liegen in schlechten Verdienstmöglichkeiten, Schwierigkeiten bei der Vereinbarung von Beruf und Familie und wenig Zukunftsperspektiven. Das darf nicht so bleiben, daher setzen wir in der Gewerkschaft vida uns für bessere Rahmenbedingungen in der Branche ein.

Fachbereichsvorsitzender: Berend Tusch
Fachbereichssekretärin: Kathrin Schranz