Überhastete Grundstücksverkäufe
Kommentar von Stefan Maschl, Präsident des Verbandes der ÖBB-Landwirtschaft.
2009 wurde zwischen dem Verband der ÖBB-Landwirtschaft und den ÖBB als Grundeigentümer ein Grundlagenvertrag geschlossen, der alle nicht unbedingt für den Bahnbetrieb notwendigen Bahngrundstücke dem Verband zur Verwaltung und Weitergabe an seine rund 12.500 Mitglieder zuordnet. Regelungen eines geordneten Umganges miteinander, Möglichkeiten der langfristigen Anpachtung der Grundstücke und Richtlinien für deren Rückstellung an die ÖBB bilden den Hauptinhalt dieses Vertrages.
Realität schaut anders aus
Leider werden diese Regelungen von den ÖBB vielfach nicht eingehalten. Immer wieder werden unter Umgehung der Vertragsvereinbarungen Flächenräumungen kurzfristigst und ohne Angabe von Gründen verlangt. Und immer wieder kommt es dazu, dass derart geräumte Flächen noch Jahre später einer anderen Nutzung harren, weil der Grund der Rückforderung durch den Grundeigentümer offenbar doch nicht so zwingend war.
Der „Fall“ Niederösterreich
In dieses Bild des Umganges mit der „Sozialleistung ÖBB-Landwirtschaft“ passt auch die Eigentumsübertragung von 28 Bahnstrecken von den ÖBB an das Land Niederösterreich. Ohne vorherige Verständigung des Verbandes wechselten rund 350 Kleingartenparzellen der ÖBB-Landwirtschaft „in Bausch und Bogen“ den Besitzer. Viele Familien standen vor ihren Gärten, wo eine Tafel mit der Aufschrift „Zu verkaufen“ ihnen eine unliebsame Überraschung bescherte. Dem Verband der ÖBB-Landwirtschaft wurde vom neuen Eigentümer, vertreten größtenteils durch die NÖVOG – der Niederösterreichischen Verkehrsorganisationsgesellschaft – beschieden, die Grundstücke sollen ehestmöglich großflächig weiter verkauft werden: an Gemeinden, Raiffeisen-Lagerhäuser und dergleichen. Der Verbleib der bisherigen ÖBB-Mitglieder – offenbar kein Thema!
Existenzbedrohend
18 Zweigvereine der ÖBB-Landwirtschaft sind durch diese Veräußerungen mit nachfolgenden Absiedelungsaktionen in ihrer Existenz betroffen, einige mussten bereits aufgelöst werden. Viele der Betroffenen meinen nicht zu unrecht, dass alles anders gelaufen wäre, hätte man seitens der ÖBB rechtzeitig das Gespräch mit dem Verband der ÖBB-Landwirtschaft gesucht und die Interessen der betroffenen Grundstücksnutzer in die Verkaufsverhandlungen mit eingebracht. Denn viele der bisherigen KleingärtnerInnen hätten Interesse an einer weiteren Nutzung der Grundstücke gehabt.
Verträge einhalten!
Die Gewerkschaft vida und der Konzernbetriebsrat fordern von den ÖBB die Einhaltung der getroffenen Vereinbarungen zwischen ÖBB und Verband der ÖBB-Landwirtschaft. Der Verband muss in Grundstückstransaktionen, die Mitglieder der ÖBB-Landwirtschaft berühren, eingebunden werden. Eine weitere Forderung ist der Abschluss langfristiger Pachtverträge nach dem Bundeskleingartengesetz. Das entspricht den Grundsätzen des bestehenden Grundlagenvertrages und nur dadurch erhalten die Betroffenen Sicherheit und Klarheit. Nicht zuletzt profitieren auch die ÖBB vom Abschluss langfristiger Pachtverträge.