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Lokführer:innen: Sicherheitsrisiken durch niedrigeres Fahralter

Die geplante Novellierung des Eisenbahngesetzes stößt auf große Sicherheitsbedenken.

Die geplante Novellierung des Eisenbahngesetzes stößt bei der Gewerkschaft vida auf große Sicherheitsbedenken. Kritik gab es am Freitag in einer Pressekonferenz in Wien vor allem daran, dass 19-Jährige künftig Verschubloks steuern dürfen. Derzeit geht das erst ab 20 Jahren, sagte vida-Vorsitzender Roman Hebenstreit.

Gerade im Verschub befinden sich Menschen zwischen den Zügen. Allein am Wiener Hauptbahnhof gibt es täglich bis zu 3.500 Verschubfahrten, unterstreicht er das Gefahrenpotenzial. Bahnunternehmen sollen sich zudem eigene Vorschriften erlassen können. Die "heute schon mangelnden Kontrolle" wird damit gänzlich unmöglich, so Hebenstreit.

Ausbildung & Sicherheit: "Ich möchte nicht auf das niedrigste europäische Niveau hinuntergehen."

Roman Hebenstreit, vida-Vorsitzender

Hebenstreit ortete schlechte Personalplanung bei den ÖBB und generell in der Wirtschaft. Die Lehrlingsausbildung bei den ÖBB ist in den Jahren 2019 bis 2022 rückläufig gewesen. Dabei ist im Unternehmen "seit vielen Jahren - zumindest seit 2016 - definitiv bekannt", wie sich die Personalsituation aufgrund der Babyboomer-Jahre entwickeln wird. Nun will man auf Unter-20-Jährige als Lokführer:innen zurückgreifen, "um breiter rekrutieren zu können", sagte Hebenstreit, der selbst gelernter Lokführer ist. 

21Jahre „eh schon ein Kompromiss“

"Das menschliche Gehirn ist so lange unreif, wie von keinem anderen lebendigen Wesen", erläuterte der Psychiater Michael Lehofer bei der vida-Pressekonferenz. Es ist erst "zwischen dem 20. und 25. Lebensjahr fertig". Gewisse Funktionen mit hoher Verantwortung sollten besser von reiferen Erwachsenen ausgeübt werden, sagte der Universitätsprofessor. Eigenständige Lokfahrten wie jetzt ab 21 Jahren sind daher "eh schon ein Kompromiss".

„Gewisse Funktionen mit hoher Verantwortung sollten besser von reiferen Erwachsenen ausgeübt werden.“

Michael Lehofer, Universitätsprofessor und Psychiater

Noch nicht völlig gereifte Persönlichkeiten haben "einen Hang zum Risiko", erläuterte Hebenstreit weiter. Das ist jungen Menschen nicht vorzuwerfen, wird aber bei der Eisenbahn offensichtlich ignoriert. "Soweit wir recherchieren konnten, sind wir nirgends unter 20 Jahren", sagte Hebenstreit auf Nachfrage zu den Standards in anderen Ländern Europas. "Ich möchte nicht auf das niedrigste europäische Niveau hinuntergehen", betonte er. "Was Österreich da macht, ist fahrlässig." Auch, dass die ÖBB kürzlich 15 Arbeiter aus Tunesien rekrutiert hatten und weitere Kräfte aus Drittstaaten holen wollen, sieht der Gewerkschafter aufgrund etwaiger Sprachbarrieren als Sicherheitsrisiko.

„Vorsätzlich gefährlich“

Die geplante Änderung des Eisenbahngesetzes durch das Verkehrsministerium von Leonore Gewessler (Grüne) sieht zudem vor, dass Bahnunternehmen künftige ihre eigenen Vorschriften erlassen können und selbst entscheiden dürfen, wie sie ihre Mitarbeiter:innen ausbilden, berichtete Hebenstreit. Das wird zu einer Vernachlässigung der Ausbildung führen. Die ÖBB haben ihre Vorschriften bisher immer zur Genehmigung vorlegen müssen. Nun soll diese Genehmigungspflicht wegfallen. Das ist "vorsätzlich gefährlich", sagte Hebenstreit. Sowohl dafür als auch für die Herabsetzung des Zugangsalters zum Lokführerberufs gebe es auch keinen Zwang aus der EU, betonte er.

Quelle: APA

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